20.05.2021 -

News Mai 2021

Begegnungen am Kuh-Zaun

Ferien, lange Wochenenden… an Gelegenheiten, um durch die Natur zu streifen, fehlt es nicht. Doch die Naherholungs- und Feriengebiete sind begehrt. Spaziergänger und Mountainbikerinnen, Hundehalter und Reiter, Landwirtinnen auf Traktoren und Teenies auf Picknickdecken, Blumenliebhaber und Naturschützerinnen, Grossraubtiere und andere Wildtiere, Kühe mit ihren Kälbern… –  viele verschiedene Ansprüche und Bedürfnisse prallen aufeinander. Das gegenseitige Verständnis und die Rücksichtnahme sind wichtig, damit das Neben- und Miteinander funktioniert. Ein Kurzfilm, der in Zusammenarbeit mit dem Verband Schweizer Wanderwege entwickelt wurde, soll das Verständnis für Rindvieh fördern und gefährliche Situationen vermeiden helfen.

Hansueli Hasler erzählt im Beefgeflüster von zwei gefährlichen Situationen zwischen seinen Mutterkühen und Spaziergängern, die zum Glück glimpflich ausgingen. Der Erlebnisweg «Lea und Ben bei den Mutterkühen» 


hat ebenfalls zum Ziel, Gross und Klein die Mutterkuhhaltung auf unterhaltsame Art näher zu bringen. Von einem anderen Spannungsfeld lesen wir in der Rubrik «Kuhleben». Ein Mutterkuhhalter berichtet, dass er seine Tiere auf Händen trägt und keine Anstrengungen für ihr Wohl scheut. Er setzt sich dafür ein, dass seine Tiere auch in Zukunft – trotz Wolfspräsenz – in den Genuss von Bergluft und Alpenkräutern kommen.

Und apropos Genuss und Kräuter: Lassen Sie sich von Maja’s Rezept inspirieren und sammeln Sie auf Ihren Streifzügen durch die Natur die Zutaten dazu. In diesem Sinn wünschen wir Ihnen bei Ihren Ausflügen viel Vergnügen und interessante, ungefährliche Begegnungen!

(Foto: Stefanie Meierhofer)

Beefgeflüster mit Hansueli Hasler, Madiswil

«Mutterkühe verhalten sich anders als Milchkühe – auch wenn sie zutraulich sind»

Herr Hasler, Sie hatten letztes Jahr ein Erlebnis mit Spaziergängern. Was ist genau passiert?

Hansueli Hasler (HH): Es war an einem Sonntag. Ich habe von unserem leicht erhöht liegenden Hof aus gesehen, wie unsere Kuhherde in der Ebene unten in die eine Ecke der Weide rennt. Schnell habe ich den Feldstecher geholt und mit Schrecken gesehen, dass da jemand in der Weide steht. Ich bin ins Auto gesprungen und so schnell ich konnte zur Weide gefahren. Ein etwa zehnjähriger Junge stand in der Weide, die Kühe um ihn herum. Seine Mutter mit einem Hund stand auf dem Wanderweg ausserhalb des Zauns.

Wovor hatten Sie Angst, als Sie das gesehen haben?

HH: Meine Mutterkühe sind zutraulich und den Umgang mit Menschen gewohnt, ich kann jede von ihnen ans Halfter nehmen. Trotzdem kann ich nicht voraussehen, wie sie auf einen Eindringling reagieren. Meine Frau und ich wurden auch schon angegriffen von einer unserer Kühe, die ihr Kalb verteidigen wollte. Wir wissen, dass damit nicht zu spassen ist. 

Im Siedlungsgebiet sind Begegnungen zwischen Kühen und Naherholungssuchenden vorprogrammiert. Aufklärungsarbeit soll dazu beitragen, dass sie friedlich verlaufen und für alle Seiten eine Freude sind. (Foto: Hansueli Hasler)

Was haben Sie gemacht?

HH: Ich habe den Jungen gefragt, was er denn hier mache. Die Mutter antwortete mir, dass er zu den Kühen wollte, so wie er das auch bei ihrem Nachbarn, einem Milchbauern, macht. Ich habe erklärt, dass Mutterkühe anders reagieren als Milchkühe, weil sie ihre Kälber schützen. Die Frau war unbelehrbar, sie wollte mir einfach nicht glauben, dass Kühe gefährlich sein können. Ich habe den Jungen aufgefordert, von der Weide zu kommen. Ich konnte diese Situation nicht verantworten.

Ist so etwas schon mehr vorgekommen oder war es das erste Mal?

HH: Es spazieren hier viele Leute. Zwar führen die Wege nicht durch die Weide, aber halt daran entlang. Einmal habe ich – wieder von unserem Hof aus – eine Gruppe Leute auf dem Wanderweg beobachtet und einen Hund, der immer auf die Weide und in meine Mutterkuhherde hineinlief. Als ich mit dem Auto bei den Leuten ankam, habe ich erkannt, dass ein Mann vom Wanderweg aus einen Ball zu den Kühen wirft und der Hund ihm diesen jeweils zurückbringt. Deshalb war der Hund da immer wieder hineingelaufen. Als ich dem Mann erklärte, dass dieses Spiel auf einer Weide mit Kühen, Kälbern und Stier gefährlich sein kann, meinte er: «Ja, ich habe noch gedacht, dass das vielleicht nicht so schlau ist.»

Was haben Sie seit den Vorkommnissen unternommen?

HH: Ich habe überall die grünen Warntafeln aufgestellt und gleichzeitig auch noch Schilder gegen Hundekot, denn leider fehlt auch hier das Verständnis, dass Hundekot im Futter der Tiere Schaden anrichten kann. Zudem habe ich den Zaun zum Wanderweg hin verstärkt. Ein Festzaun wäre die nächste Stufe, aber leider darf ich keinen solchen aufstellen, denn es ist gepachtetes Ackerland. Ich hoffe, dass das zusätzliche Weidezaunband Kinder und Hunde davon abhält, darunter durchzukriechen. 
 

Hansueli Hasler hofft, dass er problematische Zwischenfälle zwischen seiner Kuhherde und Spaziergängern mit Warntafeln und einem zusätzlichen Zaunband verhindern kann. (Foto: Hansueli Hasler)

Was braucht es Ihrer Meinung nach, um Unfälle zwischen Mutterkühen und Spaziergängern zu verhindern?

HH: Aufklärungsarbeit mit Schildern, Zeitungsartikeln und vor allem Gesprächen. Wir müssen bei den Leuten das Bewusstsein für Gefahren stärken. Sie müssen verstehen, dass sie ihren Hund an die Leine nehmen sollen und nicht in die Weide lassen dürfen. Und sie müssen lernen, dass sich Mutterkühe anders verhalten als Milchkühe und dass in diesen Herden zudem Stier und Kälber für eine andere Dynamik sorgen. 
 

Hansueli Hasler hält auf seinem Betrieb in Madiswil 25 Mutterkühe und zeitweise einen Stier. Seine Herde setzt sich aus verschiedenen Rassen, vor allem Kreuzungen von Limousin mit Simmental oder Swiss Fleckvieh zusammen. Pro Jahr werden ungefähr sechs Natura-Beef direkt an Stammkunden vermarktet.  

Der Betrieb umfasst 20 Hektaren landwirtschaftliche Nutzfläche. Davon sind rund acht Hektaren Ackerland, auf dem Weizen, Gerste, Mais, Dinkel und Raps angebaut werden. Die restlichen Flächen sind Weiden, Wiesen und ökologische Ausgleichsflächen. 

Hansueli Hasler bewirtschaftet den Betrieb alleine. Ab und zu stellt er eine Aushilfe an. Seine Frau ist bei der Spitex für die Buchhaltung zuständig und nicht auf dem Landwirtschaftsbetrieb tätig. 

(Foto: Hansueli Hasler)


Wieder mal (R)AUS-gehen?

Das Wandern ist des «Schweizers» Lust – so geht’s richtig!

Das Schweizer Wanderwegnetz ist gigantisch: 65'000 Kilometer signalisierte Wanderwege durchziehen die Schweiz. Kein Wunder ist Wandern die beliebteste Sportart der Schweizer Bevölkerung. Und beim Wandern trifft man nicht nur auf andere Sportler, sondern auch auf Kühe und ihre Kälber. In Zusammenarbeit mit dem Verband Schweizer Wanderwege hat Mutterkuh Schweiz / Beef Event den Kurzfilm «Begegnung mit Kühen? So geht’s richtig» produziert. Schauen Sie hier, wie Sie sich verhalten müssen, damit die Begegnung für beide Seiten entspannt verläuft.


Wiedergekäut

Der Erlebnisweg «Lea und Ben bei den Mutterkühen» ist eröffnet!

Der Erlebnisweg verbindet Wissenswertes mit Spiel und Spass. Beim Kuhpolo lernt man ganz nebenbei, mit welchen Futtermitteln Mutterkühe und Kälber gefüttert werden. (Foto: zVg.)

Im letzten Newsletter haben wir Sie schon auf den Erlebnisweg «Lea und Ben bei den Mutterkühen» aufmerksam gemacht. Nun konnte er endlich eröffnet werden. Nehmen auch Sie neue Wege unter die Füsse. 

Von Pfingsten bis Oktober kann dieses Jahr in Meierskappel (LU) auf einem abwechslungsreichen Spaziergang von zirka einer Stunde die Mutterkuhhaltung hautnah erlebt werden. Spielerisch erfährt man, dass Glasscherben für Kühe lebensgefährlich sind, was Mutterkühe und Kälber hauptsächlich fressen, wie man sich bei einer Begegnung mit Kühen und Kälbern am besten verhält und vieles mehr.  

Ein Grillplatz lädt zum Picknick ein. Wer nichts eingepackt hat, kann sich im Hofladen auf dem Erlebnisbauernhof Gerbe mit Köstlichkeiten eindecken  oder ab 17 Uhr im Hofrestaurant Platz nehmen. Auch hier ist beste Unterhaltung garantiert mit Streichelzoo, Spielplatz und sogar Bademöglichkeit.

Für den Heimweg oder für die Daheimgebliebenen gibt es Rezepte Fleischzubereitungskarten  und ein Kinderbuch von Lea und Ben zum Mitnehmen.


Neugierig geworden? Mehr Informationen und auch den Anfahrtsplan finden Sie unter diesem Link.


Kuhleben

«Wir tragen unsere Tiere auf Händen»

Die Gesundheit und das Gedeihen unserer Kälber haben für uns oberste Priorität. Da ist uns kein Aufwand zu viel. Wir tragen sie auf Händen oder auch Schulten, wenn es die Situation erfordert. (Foto: Hansandrea Marugg)

Vor zwei Jahren hat eine unserer Kühe, Wanja, auf der Alp Zwillinge geboren. Normalerweise wiegen unsere Kälber 40 bis 50 Kilogramm, wenn sie auf die Welt kommen. Die Zwillinge kamen ein bis zwei Wochen früher zur Welt als erwartet. Ein Kalb war fit und munter, das andere hingegen war klein und schwächlich. Es wog nur 20 bis 25 Kilogramm und machte auf uns keinen guten Eindruck. Wir hatten die Befürchtung, dass es ohne unsere Hilfe nicht überleben würde.

Wir legten Wanja einen Halfter an und ich habe sie von Hand gemolken. Mitten auf der Weide. Dass sich eine Mutterkuh melken lässt, ist an sich schon nicht selbstverständlich. Dass sie sich noch dazu so kurz nach der Geburt mitten auf einer Weide melken lässt, nur gehalten an einem Halfter, grenzt an ein Wunder. Für die Zwillinge, die wir Waleria und Wicky nannten, war es jedoch ein Segen. Beiden konnten wir je einen Liter Biestmilch, – das ist die erste Milch nach der Geburt, die für das Überleben und das Immunsystem so wichtig ist – , mit einer Flasche verabreichen.

Damian Marugg ist gerne bei den Mutterkühen und Kälbern auf der Alp. (Foto: Hansandrea Marugg)

Anschliessend überlegten wir, was zu tun war. Da wir die Geburt erst für später erwartet hatten, befand sich die Mutterkuhherde zu diesem Zeitpunkt an einem der abgelegensten Punkte der Alp, weit weg von der Alphütte. Das kleinere der beiden Kälber, Wicky, brauchte Aufmerksamkeit und Milch aus der Flasche – vier- bis fünfmal pro Tag. Der Alphirt hatte sonst schon genug zu tun. Dem konnten wir diese Zusatzarbeit nicht aufbürden. Noch dazu wo es in dieser Ecke der Alp keine Hütte gab.

Also haben wir beschlossen, Wicky mit ins Tal zu nehmen. Doch das ist gar nicht so einfach auf einer unwegsamen Alp. Kurzerhand hat mein Sohn Damian das Kalb auf seine Schultern genommen und ins Tal hinuntergetragen. Zuerst haben wir es auf dem üblichen Weg versucht. Doch hierzu mussten wir die Kuhherde durchqueren. Die Mutterkühe sind fast ausgeflippt, als wir mit dem muhenden Kalb auf den Schultern an ihnen vorbei wollten. Also haben wir entschieden, hinten an der Alp den Steilhang hinunterzulaufen.

Wir haben das Kälbchen zu einem Kollegen mit Milchkühen gebracht und dort unter einer Wärmelampe mit Milch aufgepäppelt. Mehrmals am Tag haben wir ihm die Flasche gegeben.

Der Alphirt hat sich unterdessen weiter um die Herde gekümmert, auch um Wanja mit Waleria, dem grösseren der Zwillinge. Walerie lief gut mit der Kuh mit und trank auch selbständig bei der Mutter.

Ein paar Tage später haben wir dann die Mutter zusammen mit Waleria nach Hause geholt. Sie war munter und gesund. Erstaunlicherweise hat Wanja ihr zweites Kalb, trotz der Zeit, die sie getrennt waren, problemlos wieder akzeptiert und die beiden Zwillinge konnten fortan beide bei der Mutter sein und am Euter trinken. Die Zwillinge wuchsen und gediehen prächtig.

Auf unserer Alp waren immer Kühe, die im Sommer den Geburtstermin hatten. Für den Zeitraum der Geburten war die Herde jeweils auf einer Weide in der Nähe der Hütte, so dass der Hirt die Tiere gut überwachen und bei Problemen helfen konnte.

Seit letztem Jahr gebe ich jedoch keine hochträchtigen Kühe mehr auf diese Alp – wegen den Wölfen. Ich nehme sie auf eine Alpweide auf der Präzer Alp, die ich von zu Hause in zehn Minuten erreichen kann. Wir richten die Abkalbeweiden immer noch besser ein, um die Tiere vor den Grossraubtieren zu schützen.
 

Die Mutterkuhherde von Hansandrea Marugg auf der Alpweide. (Foto: Hansandrea Marugg)

Ich bin sicher, wenn ein Wolf den kleineren der beiden Zwillinge vor uns gefunden hätte, hätte dieser nicht überlebt. Für uns war es ein Segen, dass die Mutter der Zwillinge so zutraulich war, sich problemlos melken liess und uns an die Kälber heranliess. Gegenüber dem Wolf wäre ihr diese Zahmheit zum Verhängnis geworden, da sie ihre Kälber nicht verteidigt hätte. 

Hier besteht ein Widerspruch und eine grosse Herausforderung für das zukünftige Zusammenleben mit dem Wolf: Wir wünschen uns zutrauliche, gutmütige Mutterkühe, die weder den Bauern noch irgendwelche Wanderer angreifen, um ihre Kälber zu verteidigen. Gleichzeitig erwarten wir, dass sie sich und ihre Kälber gegenüber dem Wolf verteidigen. Und wir möchten, dass Wandertouristen weiterhin unbeschwert in den Alpen über die Weiden spazieren können. Dieses Miteinander wird nur funktionieren, wenn das gegenseitige Verständnis da ist und die Regeln und Warnhinweise von allen eingehalten und beachtet werden.

Hansandrea Marugg, Mutterkuhhalter in Präz und Vorstandsmitglied von Mutterkuh Schweiz

Eine Mutterkuh mit ihrem frischgeborenen Kälbchen. Eine Weidegeburt ist das natürlichste auf der Welt. Doch es ist wichtig, dass Mutterkühe auf geschützten Weiden abkalben und überwacht werden, um sie vor Wolfsangriffen zu schützen und den Kontakt mit Wanderern zu vermeiden. (Foto: Hansandrea Marugg)

Lust auf beef?

Natura-Beef-Plätzli aus Maja‘s Chrüterstübli

Es gibt Kurse zum Kochen mit Wildkräutern. Wenn Sie sich etwas auskennen mit dem, was auf unseren Wiesen so blüht, dann können Sie sich auch ohne Kurs an Maja’s Rindsplätzli mit Ofenkartoffeln wagen. Hier geht's zum Rezept.


Herumgekalbere

Veranstalte deinen eigenen Wettbewerb – mit Flots als Preisen!

Bestimmt hast du schon gesehen, dass den Siegern an gewissen Wettbewerben Rosetten oder Flots angesteckt werden. Bei den Mutterkuhhaltern gibt es auch Wettbewerbe. Hier siehst du ein Bild von der Swissopen Junior im Jahr 2017. Findest du die vier Rosetten auf dem Bild?

Foto: Mutterkuh Schweiz

Veranstalte doch zusammen mit deinen Freundinnen und Freunden einen Wettbewerb. Ihr könnt selbst ein Wettrennen machen oder eure Kuscheltiere gegeneinander antreten lassen (Wichtig: bitte geht nicht in eine Kuhweide für euren Wettbewerb!) Und vorher bastelt ihr für die Siegerinnen und Sieger ein paar Rosetten. Das ist gar nicht schwierig!

Du brauchst dazu: 4 gleichgroße farbige Blätter, Tonpapier, Schere, Leim und Stift.

Hier geht es zur Anleitung.

Übrigens: Weil aktuell keine Veranstaltungen erlaubt sind, wurde dieses Jahr die «Swissopen Junior» online durchgeführt. Du kannst dir hier die Videos der Kinder und Jugendlichen anschauen, die ihre Tiere präsentiert haben. Und das waren die Sieger – leider in den Videos ohne Flot.

(Fotos: zVg.)


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